Kassenarztrecht Info 1
 





Unternehmen Arztpraxis
Praxiserwerb:
Handhabung bei Abschreibung des ideellen Anteils verändert

Beim Erwerb einer Praxis oder eines Anteils einer Gemeinschaftspraxis wird in der Regel ein Kaufpreis gezahlt, der sowohl das materielle Anlagevermögen als auch den immateriellen Praxiswert enthält. Innerhalb dieses idellen Wertes muss wiederum unterschieden werden zwischen steuerrechtlich „nicht abnutzbarem Wirtschaftsgut" - der Kassenzulassung - und dem abnutzbaren Vermögensgegenstand der Arztpraxis, der privatrechtlich übertragbar ist. Einige Finanzverwaltungen erkennen nicht mehr die Abschreibung des gesamten ideellen Anteils an.


Steuerrechtlich kann nach bisheriger Rechtsauffassung der Finanzverwaltung nicht nur das Anlagevermögen über die Restnutzungsdauer abgeschrieben werden, sondern auch der Kaufpreis, der auf den Goodwill entfällt. Allgemein anerkannt gilt hier eine Abschreibungsmöglichkeit über drei bis fünf Jahre für Einzelpraxen, bei dem Anteil einer Gemeinschaftspraxis gilt ein Zeitraum von über sechs bis zehn Jahre.
Durch die vermehrte Entstehung von medizinischen Versorgungszentren kommt es immer häufiger vor, dass Kliniken und andere ärztliche Einrichtungen ausschließlich einen Kaufpreis für die Vertragsarztzulassung zahlen. Am Erwerb der Praxiseinrichtung und deren Standort besteht kein Interesse. Folglich erwirbt der Erwerber einen Teil der Praxis, der steuerrechtlich gesehen als ein „nicht abnutzbares Wirtschaftsgut" anzusehen ist. Die öffentlich rechtliche Vertragsarztzulassung nach dem Gesundheitsstrukturgesetz ist weder übertragbar, noch pfändbar, sie kann auch nicht in die Insolvenzmasse fallen. Insoweit ist zwischen der nicht übertragbaren öffentlich rechtlichen Zulassung und dem Vermögensgegenstand Arztpraxis, der privatrechtlich übertragbar ist, zu unterscheiden.

Wirtschaftliche Chance durch Kassenarztsitz:
Nicht abnutzbar,
also auch nicht absetzbar

In Anbetracht dieser Rechtslage stellte bereits das niedersächsische Finanzgericht (Urteil vom 28.9.04 Aktz 13 K 412/01) darauf ab, dass zwar die öffentlich rechtliche Vertragsarztzulassung kein Wirtschaftsgut ist, aber Aufwendungen getätigt werden, um mit der Zulassung den verbundenen wirtschaftlichen Vorteil zu erhalten. Nicht die öffentlich rechtliche Zulassung als solche, sondern die damit verbundene wirtschaftliche Chance stellt das Wirtschaftsgut dar, für dessen Erlangung der Käufer bereit war, den Kaufpreis zu zahlen.

Für diesen wirtschaftlichen Vorteil kommen daher nach Auffassung des Finanzgerichts Absetzungen für Abnutzung nicht in Betracht. Denn diese sind nur für abnutzbare Wirtschaftsgüter zu gewähren, deren Nutzbarkeit sich auf einen begrenzten Zeitraum erstreckt. Der wirtschaftliche Vorteil aus der Vertragsarztzulassung verbraucht sich jedoch nach Auffassung des Finanzgerichts nicht innerhalb eines bestimmten Zeitraums. Vielmehr kann die Vertragsarztzulassung gleichbleibend in Anspruch genommen werden, solange der Käufer Inhaber der Zulassung ist. Einen irgendwie gearteten Wertverzehr mochte das Gericht nicht erkennen.

"Goodwill":
zeigt in der Praxis
durchaus Abnutzungen an der Substanz

Diese Argumente überzeugen nur dann, wenn zwischen dem ideellen Anteil und der reinen Konzession unterschieden wird. Dazu ist die Finanzverwaltung zum Beispiel in Niedersachsen jetzt übergegangen - entgegen der gängigen Praxis. Der mit dem Kauf erworbene Patientenstamm unterliegt in der Realtität einer raschen Fluktuation. Allein der Besitz der Datei garantiert kein volles Wartezimmer. Dieses Wirtschaftsgut ist eher unkalkulierbar und unterliegt daher erfahrungsgemäß einer äußerst starken „Abnutzung".

Goodwill im Kaufvertrag:
Teil als nicht abschreibungsfähig kalkulieren

Wenn es beim Kauf einer Augenarztpraxis oder eines Anteils einer Gemeinschaftspraxis um die Höhe des Kaufpreises geht, sollte berücksichtigt werden, dass die eventuelle Einschränkung der Abschreibung des ideellen Anteils für den Käufer eine zusätzliche finanzielle Belastung bedeutet. Weisen Sie Ihren Berater auf mögliche Verfügungen der Oberfinanzdirektionen hin, und setzen Sie gegebenenfalls in dem Vertrag über die Veräußerung der Praxis den ideellen Anteil niedriger an, bzw. setzen Sie vorsichtshalber einen Teil des Goodwills als nicht abschreibungsfähig in die Berechnung mit ein. Im Fall einer späteren Betriebsprüfung besteht lediglich die Möglichkeit, sich für eine weitere Abschreibungsfähigkeit des ideellen Anteils einzusetzen.
RA Willms

 

 
Kanzlei RA Willms - Mainz-City